Viele Menschen, die in den letzten Jahren aus den Großstädten nach Mecklenburg gezogen sind, wollten sich von steigenden Mieten und Lebenshaltungskosten und dabei sinkender Lebensqualität nicht den kommenden Lebensabschnitt diktieren lassen. Warum sich also damit zufrieden geben, wenn es doch sinnvolle, lebenswerte Alternativen gibt.

Immer mehr Menschen wenden sich von industriellen Lebensmitteln und Supermärkten zugunsten ihrer eigenen fruchtbaren Scholle ab. Die Idee, autark und unabhängig zu werden, ist nicht nur verlockend, sondern hat auch viel mit Verantwortungsgefühl und Selbst-Bewusstsein zu tun.

Während die Lebensmittelindustrie regelmäßig mit besorgniserregenden Nachrichten aufwartet und unsere Bauern immer weiter aus der Lebensmittelproduktion gedrängt werden, wird der Gedanke an Lebensmittel aus dem eigenen Garten oder vom eigenen Hof immer konkreter. 

Schon ein kleines Stückchen Erde mit selbst angebautem Gemüse oder einer kleinen Mischung aus Hühnern, Enten, Schafen & Co. hat sich dieses Konzept insbesondere in dieser Zeit der Pandemie als kostengünstig und vor allem gesünder erwiesen. Und das ist nur einer der Vorteile!

Ich bin mir sicher, dass ihr bei dem Wort “Selbstversorger” die eine oder andere Frage habt. Muss ein Garten eine bestimmte Größe haben, um sich selbst versorgen zu können?  Wie kann ein Gehöft für die Selbstversorgung umgestaltet werden? Und sind Selbstversorger nicht per se nur Menschen, die sich zu 100% vom eigenen Hof ernähren, waschen und wärmen können?

Die Praxis der Selbstversorgung

Übergeordnet sind hier Landwirte gemeint, die sich darauf konzentrieren, genügend Lebensmittel, Wasser und Energie für den persönlichen Verbrauch zu produzieren. Dabei besteht eine direkte und unmittelbare Beziehung zwischen Produktion und Verbrauch. Normalerweise ist das genutzte Land sehr klein – zwischen 1 bis 3 Hektar, da das Hauptziel nur darin besteht, den Verbrauch für die eigene Familie zu produzieren.

Selbstversorgung - Obst und Gemüse einkochen

Aber wer hat schon eine komplette Landwirtschaft? Schauen wir uns also generell die Möglichkeiten an, mit der eigenen Versorgung zu beginnen oder sie Schritt für Schritt auszuweiten. 

Sprechen wir also über:

 

Ertrag und Effizienz

Die Gesamtproduktivität an Lebensmitteln ist tendenziell gering, da wir nur für ihre eigene Lebensmittelversorgung sorgen müssen. Normalerweise werden keine Pestizide benötigt und mit etwas Grundwissen über die Wechselwirkung in der Natur kann man gut und gerne ohne Verwendung von Chemikalien anbauen. Selbst die kleineren Nutztiere wie Gänse, Enten und Hühner sind dabei immens nützlich. Sonnenkollektoren sind bei all diesen Überlegungen und bei näherer Betrachtung der Energiepolitik ein immer wieder auftauchender Gedanke. 

Einkommen und Lebensstandard

Da wir uns heute nicht mit der großen Landwirtschaft, sondern eher mit den “normalen” Hof- und Gartenbesitzern beschäftigen, gehen wir getrost davon aus, dass man nur von der Selbstversorgung allein nicht über die Runden kommen kann. Ich möchte nicht vergessen zu erwähnen, dass es eine wachsende Anzahl an Menschen in ganz Europa gibt, die in Form von Siedlungen die Selbstversorgung in zusammenhang mit der Permakultur tatsächlich konsequent umsetzen. Darüber gibt es viele spannende Beiträge im Netz, falls Euch das Thema interessiert. 

Wir als “normale” oder kleine Selbstversorger müssen immer noch Geld ausgeben für Sämereien, Pflanzen und Tierfutter. Umso bedeutender ist die gute Pflege von Pflanzen und Tieren, um – zumindest für die erste Zeit – mindestens den Invest mit dem Verkauf von Produkten und Tieren auszugleichen. Das Wichtigste und vor allem das Gesündeste für Mensch und Geldbeutel aber ist das deutliche Ersparnis, wenn die exzellente Qualität auf den Tisch und in den Magen der Familie kommt, denn die Preise auf dem Markt für vergleichbar hochwertige Erzeugnisse sind oft horrend hoch. Ganz zu schweigen von den unendlichen Möglichkeiten Marmeladen und Gelees einzukochen und über den ganzen Winter hinweg Früchte und Gemüse aus dem Glas oder Tiefkühlfach genießen zu können. 

Bei mir persönlich entstehen aus vielen Pflanzen des Hofes auch selbst gegossenen Seifen, Kräutersalze und Blütenschmuck aus Epoxidharz. Für kreative Menschen bietet das Leben in einem Dorf in Mecklenburg schier unzählige Möglichkeiten 🙂

Verunsicherungen und Fehlerkurven

Wie bei jeder anderen Art von neuen Erfahrungen sind  mögliche Unsicherheit eines der Dinge, die berücksichtigt werden und auch erwartet werden müssen. Behaltet einfach im Hinterkopf, dass ein Lernen ohne Fehler einfach nicht funktioniert. Wachstumsprobleme und Ernteausfälle einzelner Pflanzengruppen sind immer eine Möglichkeit, die geschehen können. Es wird Gemüsearten geben, die auf Deinem Boden einfach nicht “wollen”. Solange man aber sein Pflanzen und Tiere so gut wie möglich pflegt und sich parallel dazu weiteres Wissen von erfahrenen Nachbarn oder YouTubern zu Herzen nimmt, wird man von Jahr zu Jahr wachsende Erfolge verzeichnen können.

Tierprodukte und Nutztiere vom eigenen Hof essen

Es sei jedem selber überlassen, ob er sich aus einem Mix an tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen, vegetarisch oder vegan ernährt. Die meistens uns bekannten Freunde und Bekannte, die sich mehr oder weniger vom eigenen Hof ernähren, sind gerade frische Eier oder ein knuspriger Entenbraten ein wichtiges Thema auf dem Speiseplan und eine ständige Quelle von Stolz und Lebensfreude. Denn eins muss uns klar sein: wir reden hier immer noch über das ernste Thema der (gesunden) Lebensmittelversorgung, und da gehört es unserer Meinung nach ganz konsequent auch dazu, die Wurst vom eigenen Schwein oder Schaf, die Eier der eigenen Hühner und die Milch der eigenen Ziege in der Küche zu verarbeiten. 

Ein paar Zahlen zur Selbstversorgung

Wenn eine vierköpfige Familie Fleisch, Eier und Milchprodukte vom eigenen Hof essen möchte, erfordert ein Jahr mit Fleischgerichten etwa 220 m2 Land. 

Fleisch

Falls Ihr Eurer Ernährung einen leckeren geräucherten Schinken hinzufügen wollt, solltet Ihr mit drei Schweinen beginnen. Davon kann sich die vierköpfige Familie dann gut und gerne zweimal pro Woche für ein Jahr ernähren.

Milch

Wenn Ihr Eurer Ernährung Milchprodukte hinzufügen möchtet, denkt statt über eine Kuh eher über ein paar Ziegen nach. Diese können pro Ziege übers Jahr bis zu 900 L Milch geben. 

Eier

Eine Henne legt pro Jahr je nach Rasse zwischen 90 und 280 Eier. Für ein Jahr mit frischen Frühstückseiern und leckeren Kuchen benötigt man mindestens 65 m2 Platz, damit sich das liebe Federvieh wirklich wohl fühlt. Unsere Beispielfamilie wird 13 Hühner benötigen, wenn pro Jahr etwa 1000 Eier auf den Tisch kommen. 

Ich werde in den nächsten Tagen noch mehr zu diesem Thema schreiben. Falls Ihr Fragen habt oder Tipps beim Start in das Selbstversorgerleben braucht, wir sind hier 🙂